Der dritte Tag auf dem Camino

Gestern hatte ich einen Zeltplatz gefunden. Meine Erkenntnisse: Das Zelt ist zu klein und ein wenig durchlässig. In der Nacht kamen immer wieder zwei Gewitter zum Zuge und prügelten ihre Regentropfen auf den Campingplatz. Es gab auch Ruhephasen, die ich nutzte. Um das Badehaus zu besuchen und am morgen war der ganze Zauber vorbei. Um 6:10 Uhr wachte ich auf und war sofort startklar, obwohl ich in der Nacht immer 45-90 Minuten schlafen konnte, dann aufwachte und wieder einschlief. Einmal riss ich im Schlaf eine Zeltstange um und musste sie mit den Füßen wieder aufrecht hinstellen. Dann pustete mir etwas Regen ins Gesicht. Der Boden war zu hart, weil ja eine Isomatte fehlte und ich wusste oft nicht, wie ich am bequemsten liegen konnte.

Zunächst ging ich zum Supermarkt, der um 7 Uhr öffnete. Bananen und etwas Wasser, weil ich ja festgestellt hatte, dass 2 Liter in einer Wasserblase nicht ausreichen. Das sollte ich auch heute wieder merken, aber 3 Liter sind okay.

Um halb 8 ging es dann endlich los. Ich warf noch einmal einen Blick auf die junge Frau, die mir aufgefallen war: Um die Augen zu stark geschminkt, Typ „Cindy aus Marzahn“, aber die schlankere Variante davon. Sie stand einfach auf dem Parkplatz und hörte Schnulzen auf ihrem Smartphone.

Der Anfang war etwas komisch, weil ich auf einer Bundesstraße laufen sollte. Doch, alles richtig. Der GPS-Track bestätigt, die Muschel-Aufkleber bestätigen. Der Boden war nass. Alles war nass, sogar mein Schlafsack war nass.

Es gab wieder eine Burg zu sehen, alte Häuser, viele religiöse Einrichtungen, orangene Nacktschnecken und Holzstämmen in erstaunlichem Maße. Irgendwann kam ich zum Schwesternkloster Maria Engelport, wo ich mir ein Andenken kaufte. Ein Priester segnete es sogar für mich und erklärte, dass es mich beschützen würde.

Weiter ging es, allerdings sehr steil. Das Gefühl kam dem in einem Tropenhaus nahe: Nass und sehr warm. Der Schweiß spritzte aus allen Poren. Nach 300 Höhenmetern war ich am glanzlosen Gipfel angekommen. Na toll. Keine besondere Aussicht. Es ging wieder bergab mit Aufs und Abs und irgendwann erreichte ich – eine Schutzhütte! Na endlich! Diese wird von einem Verein gepflegt. Leider haben Besucher achtlos ihren Müll liegen lassen. Wer den wohl wegräumt?

Nach einer Stärkung ging es weiter über Felder, durch Wälder und Wiesen nach Beilstein, wo auch die Burg Metternich stolz emporragt. Der Anblick ist wirklich toll, mit den Fahnen… schon aus der Ferne kommend überkam mich mein Pilger-Moment. Wer die Geschichte „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling kennt, der erinnert sich: Jeder Pilger wird einmal weinen. Es handetl sich um einen Moment der Erkenntnis und kann eine tiefe Veränderung im Lebenspfad auslösen.

Was es bei mir wird weiß ich noch nicht. Aber ich konnte mich nur schlecht zurückhalten und ließ alles raus. Ich wusste, dass ich mein erstes Ziel heute erreicht hatte.

In Beilstein begeisterten mich die Häuser. Die Anordnung, die Größe, die Farben… total urig! Muss man gesehen haben! Ähnlich kenne ich es von Mallorca, so klein und verwinkelt. Ich mag sowas.

Schon schnell nahm ich wieder die Fährte auf und folgte den Muscheln weiter aus der bunten Stadt heraus. Ich kam an einer Stelle vorbei, an der Stühle aufgestellt waren. Tische, sogar Barhocker und ein Sonnenschirm und einen Grill gab es. Sowas ist möglich, wenn Nachbarn zusammenhalten. Toll! Ich mag solche Fälle von Eigeninitiative, wo einfach angepackt wird.

Dann ging es weiter, an der Straße entlang. Hörte ich ein Auto, ging ich an den Rand und wartete auf das passierende Kfz. Für meinen Geschmack zu gefährlich, aber es ist die Pilgerstrecke.

Dann folgte ein Pfad mit Brennesseln. Zum Glück hatte ich lange Hosen an!

Nach einer langen Wanderung durch den Wald kam ich zum „Bienenfernseher“. Eine Station, an der man Bienen beobachten und etwas über Bienen erfahren kann. Sehr schön! Ich holte mein Solarpanel raus, um seine Funktion an meinem Smartphone auszuprobieren. Leider ging das ständig an – aus – an – aus. Eher schädlich für den Akku – und für meinen Rücken! Die 700 g hätte ich mir sparen können!

Der weitere Weg führte mich über Wiesen und Felder, an einer zweiten Schutzhütte vorbei und durch einen Wald. Schließlich landete ich in Bullay. Eine Herberge war schnell gefunden und ich verabredete mich noch einmal mit Anja, die in Beilstein die Fähre und anschließend ein Taxi genommen hatte. Sie war eine halbe Stunde vor mir hier angekommen.

Wir saßen bei einem gemütlichen Glas Wein und ich aß noch einen Flammkuchen. Alles sehr lecker 🙂 Ich bin gespannt, was der morgige Tag bringt. Hoffentlich Linderung für die Füße. Die sehen gar nicht gut aus!

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