Der siebte Tag auf dem Camino

Es sollte die kürzeste Etappe werden. Ich hatte viel Zeit.

Frisch ausgeruht ging es ans Frühstück. Die Hauswirtin erklärte noch ausführlich die nächste Strecke des Mosel Caminos, die bevorstand. Ihre Tipps nahmen wir dankbar an.

Wir entschieden uns, getrennt zu laufen. Das ist gar nicht so unüblich auf einem Camino, und so brach ich vor neun Uhr als erster auf.

Vor dem Ortsausgang traf ich auf eine Skulptur des Rudemsmännchens – einem Geist, der einer lokalen Sage nach im naheliegenden Wald spukt, weil sich zwei benachbarte Städte nicht darauf einigen konnten, wem ein Waldgebiet gehört.

Ganz in der Nähe gab es einen Geocache zu entdecken. Endlich eine Dose, in der Trackables getauscht werden können! Leider war nichts Besonderes enthalten. Keine Tauschmünzen oder andere Gegenstände.

Es gab auf dem weiteren Weg wieder eine aufwendig ausgestattete Kapelle, einen tollen Panoramablick über eine Mosel-Schleife und wunderschöne Weinfelder, die sich an die Berge schmiegten, zu sehen. Leider aber auch Müll, der aus Autofenstern über die Leitplanke geschmissen wurde. In der Nähe von Ensch gibt es scheinbar eine Person mit viel Begabung im Umgang mit Metall. Am Straßenrand wird man von zwei Blech-Raben auf einem umgekippten Baumstumpf begrüßt. Entlang der Straße folgen noch weitere Blechtiere. Sehr schön gemacht.

Anja traf ich mittags auf einem freien Feld wieder. Sie hatte den ersten Aufstieg duch eine Abkürzung gemieden. Wie wir später erfuhren, handelte es sich bei dem Feld, auf dem wir standen, um eine Weidewiese für Schafe. Wir entspannten noch ein wenig und aßen von unserem Mitgebrachten und gingen dann gemütlich weiter.

Uns waren schon vor wenigen Tagen braune Kapseln aufgefallen, die immer wieder auf dem Boden lagen. Heute erfuhren wir von einem Weinbauern, dass sie Hormone enthalten, die Schädlinge auf biologische Weise von den Weinstöcken fernhalten.

Nach einem kleinen Fußgängertunnel kamen wir schließlich in Schweich an – unserem heutigen Ziel. Wir fanden ein Eiscafé und genossen Spaghettieis. Anschließend ging es zu den Pensionen, die wir gebucht hatten. Das Tagesziel war erreicht.

Nicht lange nach uns trafen auch Josef und Anna ein. Abends saßen wir zu einem letzten Abendessen beisammen, genossen dazu den lokalen Wein und unsere Gesellschaft. Wir waren Freunde geworden.

Den letzten Tag würde ich alleine gehen, weil ich früh beim Auto sein möchte. Die Autofahrt ist sehr lang und ich möchte vor dem Abend zurück in Wolfsburg sein.

Entsprechend fühlte ich etwas Wehmut, gemischt mit ein wenig Heimweh. Ich hatte drei tolle Freunde gewonnen und wäre mit ihnen gerne noch weiter gepilgert. Andererseits freute ich mich, endlich wieder zu Hause zu sein, meine Tochter zu sehen, Freunde zu treffen…

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